Herausragend illustrierte Bücher über Kunst und Kultur, die nicht nur Kinder dazu einladen, die Welt mit wachem Blick zu entdecken ―
als Projektmanagerin beim Berliner Hatje Cantz Verlag, habe ich Lektorat, Übersetzung und Satz verantwortet und diese Bücher bei ihrer Entstehung begleitet.
Fünf Rezepte, veröffentlicht im ZEITmagazin in der Serie Sonntagsessen.
Anna Warnow ermutigt alle saisonal denkenden Menschen dazu, auch mal andere Sorten zu entdecken. Sie betreibt den Blog From Hand to Mouth und arbeitet nebenbei für die Berliner Markthalle Neun. "Selbst mitten in der Stadt bekomme ich all die kleinen Veränderungen zwischen den Jahreszeiten mit", erzählt sie. "Sind die ersten Klaräpfel schon mehlig? Gibt es schon Quitten? Wie lange halten sich die Tomaten noch?" Im Garten habe man ja mindestens fünf Jahreszeiten, sagt die
32- Jährige: "Den Frühling, der in Brandenburg im Hinblick aufs Gemüse doch irgendwie immer später kommt, als man hofft, Frühsommer, Hochsommer, Herbst und Winter. Jede Zeit hat ihre ganz besonderen Schätze – ich freue mich jedes Jahr am allermeisten auf die Dicken Bohnen und die Brandenburger Tomaten –, aber gerade im Übergang zum Herbst gibt es alles in Hülle und Fülle."
Ein Kürbis macht
noch keinen
Herbst
Eine Auswahl von Texten über gutes Essen und die Geschichten und Gesichter dahinter, veröffentlicht im Newsletter der Markthalle Neun.
Für Hefe
Hamster
Vielleicht wird es in ein paar Jahren, wenn Soziologinnen und Historiker auf die Corona-Pandemie zurückschauen, Studien zum exzessiven Hamstern von Toilettenpapier geben. Das eigentlich spannendere Phänomen aber, zumindest wenn Ihr uns fragt, ist doch: die Leute horten Mehl und Hefe. Wenn es existenziell wird, dann wird gebacken! So viel, dass die professionellen Bäckerinnen und Konditoren es derzeit schwer haben, an Hefe zu kommen. Berlins beste Bagel Bäckerei Fine Bagels zum Beispiel ist schon umgestiegen und bäckt statt mit Hefe jetzt mit Sauerteig (wenn Ihr zuhause Brot backt, dann ist Sauerteig natürlich sowieso die bessere Wahl). Und auch Annette Zeller kann derzeit nirgends mehr Hefe finden. Bei drei verschiedenen Händlern hat sie bestellt – ob was ankommt, ist unklar. Einen kleinen Vorrat hat sie zum Glück noch. Wenn Ihr also zu denjenigen gehört, die frische Hefe im Kühlschrank und vielleicht ein, zwei, drei Tütchen Trockenhefe in der Speisekammer haben, aber langsam nicht mehr wissen, was sie damit anfangen sollen: Wir haben eins der bestgehütesten Rezepte der Markthalle für Euch. Frau Zellers Butterkuchen! If you know, you know, könnte man sagen. Für alle anderen: Klar, es gibt Frau Zellers berühmte Wolkentorte, ihren cremigen Käsekuchen, Schokoladen- und Nusstorten. Vor allem aber gibt es dieses grundehrliche Stück Butterkuchen, das sich gerne wie ein alter Freund zum Nachmittagskaffee dazugesellt – einfach so, ganz ohne vorher anzurufen. Unprätentiös? Vielleicht. Aber kaum einer ist so vielseitig: Er geht mit der Zeit. Im ausklingenden Winter trägt er mal Marzipan und Mandeln, mal Butter-Vanille-Creme und Streusel. Im Frühling Rhabarber, im Sommer Kirschen und Aprikosen, im Herbst Äpfel und Quitten. Ein Teig für alle Fälle (das heißt, wenn Ihr noch Hefe im Schrank habt.) Und für alle, die keine Hefe auftreiben können: Frau Zeller kommt, so lange die Krise anhält, nicht nur freitags und samstags in die Markthalle, sondern auch dienstags von 12–18 Uhr. Butterkuchen mit Marzipan (Rezept für 1 Blech 60 x 40 cm) Hefeteig: 850 g Weizenmehl Type 550, 50 g Hefe, 100 g Zucker, 500 g Milch, 100 g Butter, 10 g Salz, 2 x Vanille, 1 x Zitronenschale Marzipanfüllung: 300 g Marzipan-Rohmasse, 300 g Butter, 150 g Puderzucker, 100 ml heißes Wasser Außerdem: Süße Mandeln, gehobelt, Kristallzucker Milch, Zucker und Hefe ca. 10 Minuten in einer Mehlmulde quellen lassen, dann zusammen mit den restlichen Zutaten zu einem weichen Hefeteig kneten. Den Teig ca. 45 Minuten bei Raumtemperatur ruhen lassen; anschließend zusammenschlagen und nochmals 15 Minuten gehen lassen. Den Hefeteig auf Blech (60 x 40 cm) ausrollen, stippen (für alle nicht-Konditor*innen: "Stippen" bedeutet, dass Löcher in den Teig gestochen werden, damit eingeschlossene Luft entweichen kann) und ca. 1 Stunde auf Gare stellen. Für die Füllung Marzipan-Rohmasse, Butter, Puderzucker und heisses Wasser zu einer glatten, nicht schaumigen Masse verrühren. Den fertig gegärten Hefeteig mit Milch bestreichen, die Marzipanfüllung punktartig aufdressieren ("aufdressieren" heißt nichts anderes, als die Masse mit Hilfe eines Spritzbeutel auf dem Teig zu verteilen – Ihr könnt dafür aber auch einen Löffeln nehmen) und mit gehobelten Mandeln und Kristallzucker bestreuen. Im Ofen bei ca. 200°C für rund 25 Minuten backen. Ihr habt kein Marzipan und keine Mandeln zur Hand? Macht nichts! Ihr könnt auch einfach eine Butter-Vanille Creme als Füllung anrühren und Streusel (300 g Mehl, 50 g Butter, 100 g Zucker, 1 Prise Salz) darauf verteilen. Oder vielleicht habt Ihr schon den ersten Rhabarber auf dem Markt entdeckt? Frau Zeller rät: Wenn Ihr eine Obstfüllung macht, dann kocht das Obst ein wenig vor, denn die 25 Minuten, die der Kuchen im Ofen braucht, sind zu kurz damit das Obst weich wird.
Um den
Finger
gewickelt
Mehr als 350 Pastaformen gibt es in Italien. Also für jeden Tag eine. Oder besser: für jede Region eine. Ok gut, viele. Mal werden sie mit Eiern gemacht, mal mit Hartweizengrieß, mal mit Weizenmehl. Mal mit Überraschungen. Im Norden, am Rande der Alpen im Aosta-Tal zum Beispiel, gibt es Fettuccine di castagne, Pasta aus Kastanienmehl also. Es gibt Pasta aus Buchweizen: Blecs aus dem Friaul oder Pizzoccheri aus dem Valtellina in der Lombardei, die traditionell mit Wirsing, Casera Käse und sehr viel Butter gegessen werden. Es gibt die dünnen Bigoli aus Venetien, die man mit Anchovis isst, die noch dünneren und mit sehr vielen Eiern gemachten Maccheroncini di Campofilone aus den Marken. Es gibt die flachen, nicht runden, Maccheroni alla Chitarra aus den Abruzzen, die auf einem mit Saiten bespannten Gerät geschnitten werden, das an eine Gitarre erinnert – daher der Name „alla Chitarra“. Es gibt Pici aus der Toskana, Stringozzi aus Umbrien, Bucatini aus Lazio. Trofie aus Ligurien – am liebsten zu Kartoffeln und Pesto alla Genovese. Da sind die gefüllten Varianten, von denen die Agnolotti aus dem Piemont, Cappelletti aus der Emilia-Romagna oder die Culurgiones aus Sardinien nur einige sind. Es gibt Canneloni aus Kampanien, die dicken Raschiatelli aus der Basilikata. Mit dem Daumen in Form gedrückte Orecchiette – „Öhrchen“ – aus Apulien, die die alten Damen in Bari am liebsten im Freien draußen vor der Haustür machen. Es gibt Fileja aus Kalabrien, Cavatelli aus Molise und Busiate aus Sizilien. Und weil auf einem Mercato Italiano die Pasta Fresca nicht fehlen darf, kneten, rollen, schneiden und falten wir mit euch heute Pasta bis ihr so fingerfertig seid, wie eine italienische Nonna. In Zusammenarbeit mit der italienischen Zentrale für Tourismus weihen wir euch von 12–18 Uhr in so manches gut gehütete Pasta-Geheimnis ein und zeigen euch, wie man die Nudel um den Finger wickelt. Die Kurse sind kostenlos und ohne Voranmeldung – kommt einfach vorbei. Ci vediamo!
Es war
einmal ein
Qualnuss
baum
Nein, keine Sorge, so harte Nüsse, wie die Nuss Krakatuk hat unser Naschmarkt Nussknacker nicht zu knacken. Dass es aber durchaus Nüsse gibt, an denen man sich die Zähne ausbeißt, haben wir vor wenigen Wochen bei einem Ausflug gemeinsam mit einigen Naschmarkt-Produzent*innen zur Walnussmeisterei von Vivian Böllersen erfahren. Den Qualnussbaum nennt Vivian einen der Bäume, den sie in einem Brandenburger Garten gefunden hat. Und das zu Recht, möchte man rufen! Unglaublich schwer zu knacken, sind diese Qualnüsse bis plötzlich sowohl Schale als auch Kern in tausende Stückchen zerspringen. Gemeinsam mit Studenten der HNE Eberswalde hat sich Vivian auf die Suche nach lokalen Walnussbäumen gemacht – 315 private Walnussbäume haben sie gefunden und bestimmt. Doch Nuss ist nicht gleich Nuss. Damit Ihr Euch an Weihnachten nicht zu quälen braucht, bringt sie zum Naschmarkt Nüsse mit, die Ihr mit einem Knacks und Habs naschen könnt. Denn tatsächlich gehört die "gute Knackbarkeit", neben dem Ernteertrag, der Eignung für das vergleichsweise raue Brandenburger Klima und natürlich dem Geschmack, zu den Kriterien nach denen Vivian die Bäume für ihren Walnusshain inmitten der Veltener Luchwiesen ausgewählt hat. 200 Walnussbäume in über 30 verschiedenen Sorten hat sie seit 2016 dort gepflanzt. Darunter die spektakulär schöne "Rote Donaunuss" oder die milde "Milotai 10", die sich – man staune – geradezu leichthändig knacken und von der Schale lösen lässt. Bis allerdings die doch sehr zierlichen Bäume Früchte tragen, wird es noch zwei, drei Jahre dauern. Bis dahin sammelt Vivian Nüsse von befreundeten Betrieben aus ganz Deutschland. Wer doch lieber geduldig den Nüssen beim Wachsen zusehen möchte: Vivian vertreibt auch veredelte Jungbäume und berät bei der Standort- und Sortenauswahl für den Walnussbaum im eigenen Garten. Und alles, was Ihr darüber hinaus schon immer über Walnüsse wissen wolltet, erfahrt Ihr am 8. Dezember um 15 Uhr in unseren Naschlabor auf dem Merry Naschmarkt.
Bakterien
statt Viren
Wer hätte gedacht, dass wir uns so plötzlich allein und ein wenig ratlos am Herd wiederfinden würden? Aber das Ganze hat ja auch sein Gutes: Denn wann, wenn nicht jetzt, ist es Zeit zu kochen? Euch kratzt es schon ein bisschen im Hals? Setzt einen großen Topf Hühnerbrühe auf. Kocht mit Euren Kindern, die Rezepte die Ihr immer schonmal gemeinsam kochen wolltet. Macht ein Eierkuchenfrühstük am Dienstagmorgen. Setzt einen Sauerteig an und backt das Brot für das Ihr sonst nie Zeit hattet. Legt weckgläserweise Salzzitronen ein oder – und das wollen wir Euch an dieser Stelle ganz besonders ans Herz legen – guckt in den nächsten Wochen dem Gemüse beim Fermentieren zu. Wer jetzt anfängt, hat auch am Ende der Quarantäne mehr Vitamine als Zwieback im Haus. Und besser sich viele Bakterien zum Freund machen als einige Viren zum Feind. Weil aber zwei Monate Sauerkraut dann vielleicht doch ein wenig langweilig werden könnten, geht es lieber gleich ein bisschen funky an. Wen also könnte man da besser fragen, als die Jungs von Bone.s deren Mittagessen, wir geben es zu, wir jetzt schon ziemlich vermissen. Die gute Nachricht: Sie kochen weiter jeden Tag für Euch – und Ihr könnt das Essen mit nach Hause nehmen. Die noch bessere? Stefan verrät uns sein Kimchi Rezept! Er warnt noch: Das Rezept sei für 100kg Kohl ausgelegt – das sollen wir erst umrechnen. Andererseits: Zeit hätten wir ja... 1kg Weißkohl, 13,5g Salz, 25g Chiliflocken (Kochukaru), 30g Dosenananas (wir haben ja gesagt es, wird funky – Ihr könnt sie auch weglassen), 1 Handvoll Gemüsezwiebel & weißer Rettich, 1/2 rote Paprika, 2 Knoblauchzehen, , 1 daumengroßes Stück Ingwer, 65 ml Fischsauce Den Kohl in Streifen schneiden und das Salz nach und nach in den Kohl einarbeiten – mit viel Kraft und Ausdauer. Alle weiteren Zutaten bis auf die Chiliflocken im Mixer pürieren. Die Chiliflocken anschließend untermengen, sodass eine zähflüssige Paste entsteht. Den gesalzenen Kohl wenigstens 12 Stunden marinieren lassen bevor Ihr Paste und Kohl vermengt und in sterile Gläser abfüllt. Beim Schichten fest andrücken, sodass keine Lufteinschlüsse mehr zu sehen sind. 24 Stunden bei Zimmertemperatur lagern, danach im Kühlschrank wenigstens eine Woche weiter fermentieren. Und was macht man dann mit soviel Kimchi? Bibimbap zum Beispiel! Schichtet für so eine Schüssel, die schon geholfen haben dürfte, die Südkoreaner durch die Coronakrise zu bringen, gekochten Reis, euer Lieblingsgemüse – roh, gedämpft, gebraten – Sprossen, wenn Ihr mögt Rindfleisch oder Tofu, und natürlich eine Portion Kimchi in einer Schüssel übereinander. Etwas Sojasauce, Sesamöl, ein Spiegelei drauf und es schmeckt (fast) wie in Bone.s Markthallenkantine. Und für alle, die sich doch nicht trauen, in der Küche Kulturen zu kultivieren: Bone.s liefert jetzt auch Kimchi (und andere leckere Sachen) direkt zu Euch nach Hause!
Denk
global,
iss lokal
Freitag ist ein wichtiger Tag für das Klima. Klar, das ist jeder Freitag, jeder Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Samstag, Sonntag. An diesem Freitag aber wird die Große Koalition ihre Pläne zur Eindämmung des Klimawandels vorstellen – gefühlt sind an jedem einzelnen Tag der letzten Woche daraus schon Bausteine bekanntgeworden. Am Montag verkündete Finanzminister Olaf Scholz, das Ganze funktioniere gar, ohne am Diktum der schwatzen Null zu rütteln. Keine Schulden für das Klima – also alles prima? Es geht um viel an diesem Freitag – denn seien wir ehrlich, dieser Freitag kommt eigentlich zu spät. Während in Berlin das Klimakabinett tagt, kommt einen Tag später in New York die UN zu einem Klimagipfel zusammen. Wann wenn nicht jetzt, da die Weichen für die kommenden Jahre gestellt werden, lohnt es sich, ein Zeichen für mehr Mut zu setzen? Für eine Politik, die sich traut, wirklich etwas zu verändern! Ein Zeichen dafür, dass breite Teile der Bevölkerung bereit sind, diese Veränderungen mitzutragen. Omas, Lehrer, Eltern, Bäckerinnen, Landwirte, Köche, Imker und Gärtnerinnen – alle fürs Klima! Wir alle gehen gemeinsam auf die Straße. Und das nicht nur in Deutschland: Dieser Streik ist ein globaler. Weltweit werden Hunderttausende demonstrieren. Zur Demo in Berlin, die um 12 Uhr am Brandenburger Tor startet, hat ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis aufgerufen. Längst ist klar, dass die Art, wie wir unsere Lebensmittel produzieren und verschwenden – in Monokultur und Masse – einen großen Anteil an der Klimakrise hat. Deshalb wird es bei der Demo morgen einen Agrar- und Ernährungswendeblock geben – unter anderem mit den Wir haben es satt Aktivist*innen, aber ganz ohne Trekker natürlich, dafür komplett in grün gekleidet. Gemeinsam fordern wir von der Politik, die Bäuerinnen und Bauern zu unterstützen, die bereits für die Agrarwende ackern – die Vielfalt statt Monokultur säen, die Boden aufbauen statt ihn auszulaugen, die in Kreisläufen statt linearen Wachstumsraten denken. Kommt mit, macht mit – alle gemeinsam fürs Klima!
Rosige Aussichten
Vielleicht lohnt es sich, wo es sich doch ganztägig so anfühlt, wie an einem kalten Märzmorgen, noch mal zurück zu gehen, so zu tun als wäre es ein eben solcher und über die diesjährigen Sommertrends zu sinnieren. Denn die entstehen, nicht nur in der schnelllebigen Modebranche, in Wahrheit schon viel früher. Und so stand auch vor der Antwort darauf, was uns diesen Sommer ins Glas kommt, ein monatelanger Prozess, viel probieren und immer wider neu justieren. Am Ende ist – so viel können wir Euch verraten – die Trendfarbe rosé. Anders als im Augenblick war in den vergangenen beiden Jahren nämlich echtes Rosé-Wetter. Allerdings der Ruf des Rosé – er war lange ramponiert. Irgendwie kitschig, irgendwie nur was für dreißig Grad plus. Das lag auch daran, dass in den Rosé oft nur kam, was nicht für den Rotwein taugte: die weniger schönen, die verletzten Trauben. Das aber hat sich grundlegend geändert. Und so hat das Team der Weinhandlung Suff entscheiden, dass die Zeit reif ist für einen roséfarbenen Hauswein. Denn nicht nur wird Rosé zunehmen lieber getrunken, sagt Agne Petrikaite von Suff, auch eine neue Generation Winzer legt großen Wert darauf, einen qualitativ hochwertigen Rosé im Programm zu haben. So auch Alexander Pflüger , der seine Weinberge in Bad Dürkheim in der Pfalz biodynamisch und von Hand – ab und zu hilft ein Pferd – bewirtschaftet. Gerade für Spätburgunder seien die Bedingungen in der Pfalz bestens, erzählt er, und das nicht erst seit immer wärmeren Sommern. Allein bei ihm macht der Anbau roter Trauben mittlerweile 40 Prozent aus, Tendenz steigend. Jüngere Lagen, die noch nicht bereit für einen wirklich guten Rotwein sind, werden dann gern für Rosé genommen. Er selbst hat eigens eine Spätburgunderlage für seinen Rosé ausgesucht mit der er das ganze Jahr, angefangen beim Beschnitt im Winter, anderes arbeitet, um am Ende eben keinen Kompromiss, sondern den bestmöglichen Rosé ins Glas zu bringen. Ist der Rosé, der nun in Zusammenarbeit mit dem Suff-Team entstanden ist anders als der, den er unter seinem Namen vermarket? Ein bisschen trockener sei er, ein Tick moderner vielleicht mit einer beerigen Fruchtnote. Und warum hat er sich auf eine solche Zusammenarbeit bei der immer wieder verschiedene Proben mit unterschiedlichen Varianten nach Berlin geschickt hat, überhaupt eingelassen? Da ist er er ganz klar: Sich zusammen mit weinbegeisterten Menschen, die eine, wie er sagt, sehr "gute Zunge" haben, mache einfach viel mehr Spaß als sich allein im Weinkeller Gedanken zu machen! Was die kollektive gute Zunge am Ende herausgeschmeckt hat? Das könnt Ihr am Samstag ab 12 Uhr hier auf dem Markt probieren und auch fragen, wie denn die anderen Varianten waren, denn Alexander Pflüger kommt selbst zur (Rosé) Release Party des Jahres.
Zum
Anbeißen
Fast schien es so, als hätte das Eclair seine großen Tage hinter sich. Denkt man an die dick mit Creme gefüllten und mit fast genauso dicker Schokoglasur bestrichenen Teilchen, macht sich vor allem eines breit: ein unbestimmt nostalgisches Gefühl. Wo würde man hin, wenn einen in Berlin die große Eclairlust packt? Am besten wohl in den nächsten Zug nach Paris. So war es zumindest bisher. Wie so vieles feines Süßes, gehört das Eclair zum Kanon der klassischen französisches Pâtisserie: Brandteig, Crème Pâtissière, Ganache. Das Eclair ist sowas wie die schicke französische Verwandte des deutschen Windbeutels. Und plötzlich steht sie wieder in der Tür. Zu verdanken haben wir dieses Comeback zweien, deren große Leidenschaft eigentlich dem Eis gilt. Daniella Barriobero und Guadalupe Eichner, zwei Freundinnen, die über Umwege aus Venezuela nach Berlin gekommen sind und die uns als Waffel oder Becher schon seit ein paar Sommern mit ihren ganz und gar wunderbaren Eiskreationen beglückt haben. Im Mittelpunkt stehen dabei immer die Grundprodukte: handgemachtes Karamell, Haselnüsse aus dem Piemont und, darüber freuen sie sich besonders, Kakao aus Venezuela. Aufs Eclair sind sie bei ihrer Suche nach etwas gekommen, das den Geschmack der ausgetüftelten Kombinationen in den Winter übersetzt und haben einfach mal drauflos gebacken. Das allerdings, erinnert sich Daniella, ging ziemlich nach hinten los. Aber so leicht wollte sie, die extra eine Gelatiere Ausbildung in Italien gemacht hatte bevor es mit dem Eis losging, nicht aufgeben und hat sich Hilfe gesucht: Bei Joakim Pratt von Maître Choux , der sich gleich ganz auf Brandteig spezialisiert hat. Es hat geholfen. Den ganzen Winter über nun gab es in ihrem Laden in den Hackeschen Höfen Eclairs: Canal Berlin war geboren. Und das Eclair kann mehr als Crème Pâtissière: Pistaziencreme, weiße Schokolade mit Passionsfrucht, Kaffee-Ganache – man hat den beiden die Lust am Ausprobieren angemerkt. Und trotzdem hat der Erfolg ihres Winterexperiments sie ziemlich überrascht. In ihrer Küche lassen sich pro Tag nicht mehr als 200 Eclairs produzieren – und nebenher auch noch Eis zu machen, das ist bei soviel Handarbeit nicht zu schaffen. Auch beim Naschmarkt letzten Sonntag, beim dem Daniella auf der Bühne ihr Handwerk gezeigt hat, waren die Eclairs als erstes weg. Bevor sie nun aber bis Oktober ganz verschwinden: Eine allerletzte Chance sie zu probieren habt Ihr noch. Extra für die Osterausgabe des Breakfast Markets am Sonntag, haben sie, trotz beginnender Eissaison (und, ja, darauf freuen wir uns ja auch) nochmal welche gemacht. Ostereclair statt Osterei, das wär doch mal was.
„Ich möchte
die Milch im
Käse zum
Singen
bringen.“
Vom Käseterroir haben wir Euch letzte Woche erzählt. Aber handgemachter Käse hat nicht nur “Terroir”, sondern auch eine, oder besser: verschiedene, Saisons. Käsemachen, das ist die Kunst Milch altern zu lassen. Ein Transformationsprozess, der ursprünglich vor allem dazu diente, die Jahreszeiten zu überbrücken und für die (fast) milchlosen Wintermonate einen Proteinvorrat anzulegen. Es gibt aber auch Käse, die sind vergänglicher, filigraner, jünger. Julie Cheneys St. Jude zum Beispiel. Er kommt so frisch zu den Kunden, dass man sich die Jahreszeiten auf der Zunge zergehen lassen kann. Weil er so anders im Frühsommer schmeckt als im Oktober. Im zarten Alter von nur einer Woche reist er von Suffolk vor allem in die Londoner Regale von Neal’s Yard Dairy , wo er zwei Wochen fortreift. Ein kurzes Käseleben. Und doch braucht St. Jude mehr Zeit als andere junge Käse. “St Jude ist ein Milchsäure betonter Käse,” erklärt Julie. “Der Säuerungsprozess braucht viel Zeit, deutlich länger als Brie-artige Käse, für die mehr Lab verwendet wird.” Der wird in der Käserei, die sich mit Julie zwei Tage die Woche in die White Wood Dairy verwandelt, ebenfalls gemacht. Sie teilt sie sich mit den Bauern, von deren Kühen sie die Rohmilch bekommt: Der französischen Montbéliarde ) -Herde der Fen Farm Dairy in Bungay, nahe der ostenglischen Küste. Julie ist dieser Milch vor vier Jahren von Hampshire nach Suffolk hinterhergezogen nachdem sie Farmer Jonny Crickmore im Radio von seinen Prinzipien und eben diesen Montbéliarde Kühen sprechen hörte. Ihre proteinreiche Milch ist perfekt zum Käse machen und auf der Insel findet man sie selten. Vielleicht auch, weil sie leicht reizbar sind. Crickmore jedenfalls hat seine Herde nun um ausgeglicheneres Schweizer Braunvieh ergänzt. Direkt, wenn sie um fünf Uhr morgens die frische Milch bekommt, setzt Julie Kulturen und Lab zu und wartet 24 Stunden, in denen sie beständig den ph-Wert kontrolliert, bis sich Molke von Käsebruch trennt. Den schöpft sie von Hand in Förmchen und wartet weiter. 12 Stunden lang in denen weitere Milk entrinnt und weitere 12, in denen der Käse herausgehoben und erst von der einen dann von der anderen Seite mit Salz eingerieben wird. Ein Teil der Käse wird nicht St. Jude, sondern St. Cera: Sie reifen in einer Holzkiste, ihre Rinde wird kontinuierlich mit einer Salzlösung gewaschen. Das Ergebnis: weniger klar, voller, umamiger. Wie das genau schmeckt? Die feinen Weichkäse aus Suffolk kommen zusammen mit ihrer "Schöpferin" in unserer langen Käsenacht ins Restaurant Frau Mittenmang und Julie erklärt, wie sich der frische Käse durch die Reifung entwickelt und wie durch das Waschen eine andere Rinde entsteht. Wie sie zum Käsemachen gekommen ist und von ihrer Reise zur besten Milch erzählt Julie dann auch beim Markt der Cheese Berlin , am Sonntag um 15 Uhr.
Das Land,
in dem
honig
farbener Wein fließt
Amber Wine . Was soll das nun schon wieder sein? Haben wir uns nicht gerade erst in den Orange Wine hineingetrunken? Nun, Amber Wine ist gewissermaßen dessen Ursprung. Er kommt von dort, wo es vielleicht einmal angefangen hat mit dem Wein und wo er in einer ungebrochenen Tradition so gemacht wird wie seit Tausend Jahren. Oft im Vorgarten. Diese bernsteinfarbenen Weine werden in vergrabenen Tonamphoren, den Qvevri , ausgebaut. Gegenüber dem Holzfass haben sie den Vorteil geringerer Oxidation und einer organischeren Form, die eine bessere Zirkulation ermöglicht. In diese Amphoren kommen unfiltrierte Weine – und das heißt wirklich ungefiltert: nicht nur die Schale kommt mit in die Amphore, auch Kerne und Stiele – für eine teils monatelange Gärung. Im kühleren, feuchten Imereti im Westen Georgiens arbeitet man mit einer kürzeren Maischegärung, im trockenen Kakheti im Osten mit einer deutlich längeren. Das was als Natural Wine in Westeuropa eine Wiederentdeckung erlebt, ist in Georgien immer schon so. Nun ist es also auch bei uns in der Markthalle. Initiiert vom Auswärtigen Amt und durchgeführt von „Deutschland – Land der Ideen“ haben wir georgische Winzer und ihre Weine eingeladen, uns mit unserem Georgien Spezial mit auf die Reise zu nehmen, ins Land in dem der kräftige, fast rauchige, honigfarbene Wein fließt. Auf dem Street Food Thursday und auf dem Wochenmarkt am Freitag und Samstag könnt Ihr Euch durch eine der spannendsten Lebensmittelkulturlandschaften der Welt schmecken. Der Wahl-Georgier John Wurdeman hat nicht nur seine eigenen Naturweine im Gepäck, sondern auch die befreundeter Winzer. Und wer dann noch Hunger hat, dem sei ein typisches georgisches Supra, das mehrgängige Festmahl der Landes zwischen Kaukasus und Schwarzem Meer ans Herz gelegt: Am Sonntag, 14.30 Uhr, tischen die Protagonisten unseres Georgien Spezials im wunderbaren Restaurant des Michelberger Hotels noch einmal so richtig auf.
Weizen
hügel
Artischockenberge, frisch gefangener Oktopus – es gibt Dinge, die gibt es nur im Urlaub. Wir aber holen uns den Urlaub nach hause oder besser: haben uns Freunde eingeladen, die ihn mitbringen. Gleich einen ganzen Freundeskreis aus einer Region, die man noch nicht auf dem Präsentierteller serviert bekommt. Die Basilikata , das noch immer bäuerlich geprägte Hinterland der italienischen Stiefelsohle, kommt in die Markthalle Neun. Genauer, uns besuchen die Macher und Menschen hinter der Brot- und Pastamanufaktur Vero Lucano, kulinarische Aktivisten, die sich selbst als Botschafter ihrer Region verstehen. Vero Lucano das bedeutet „das Echte Lukanien“, was wiederum der antike Name der Basilikata ist. Mit ihren wie Schwalbennester an die Hänge der karstigen Hochebene Murge geklebten Dörfer hat die Basilikata sich viel von ihrer, manchmal rauen, Ursprünglichkeit bewahrt. Es ist eine dieser typischen Schattengeschichten der Moderne, dass die Region über ein gutes halbes Jahrhundert zu den Modernisierungsverlieren gezählt hat. Keine Industrialisierung und auch kein Massentourismus, wobei wohl gerade letzteres eine Verwässerung der lokalen Produkte und Gerichte verhindert hat. An das riesengroße und riesengute Brot aus Hartweizendunst werdet Ihr Euch vielleicht noch von unserer Brotzeit erinnern. Zum Mercato Italiano bringen die Bäcker noch Freunde und deren Produkte mit. Wie Michele Lacertosa mit dem intensiv-fruchtigen Olivenöl seines Vaters und den getrockneten Oliven aus Ferrandina (übrigens ein Slow-Food-Presidia ). Dazu schwarze Kichererbsen, Pasta aus den alten Getreidesorten der Region, runde Gurken, Paprika und Tomaten, Würste, mit der Hand knackbare Mandeln, Caciocavallo. Kurz: Es kommt der Geschmack einer Region zu uns in die Halle, für den man ansonsten bis ganz in den Süden reisen müsste.
Ist das
Kunst oder
kann ich
das essen?
Dass unser täglich Essen in den letzten Jahren eine neue Ästhetisierung erfahren hat, an der wir uns alle mehr oder weniger beteiligen, deren Wirkung sich aber längst auch große Einzelhandelsketten bedienen, dürfte niemandem verborgen geblieben sein, der Social Media nicht kategorisch ablehnt. Der Geschmack tritt vielfach in Konkurrenz zur instagramable-keit eines Gerichts. #freakshake oder die #avocadorose sind nur einige Artefakte dieser Entwicklung. Um diese Art visuelle Esskultur geht es der Food Art Week nicht. Die von Tainá Guedes von der Entretempo Kitchen Gallery in der Senefelderstraße im Prenzlauer Berg kuratierte Woche setzt dem #foodporn eine andere Ästhetik entgegen. Essen nicht als stilisiertes Kunstobjekt, sondern als identitätsstiftender Teil unserer Kultur, der durch die Kunst auf eine andere als die alltägliche Weise erfahr- und hinterfragbar gemacht wird. In diesem Jahr trägt die Food Art Week, die vom 7.–14. Juli in der ganzen Stadt stattfindet, den Untertitel "vs. Meat": Was macht es mit uns, wenn wir Tiere essen? Was für Folgen hat Fleischkonsum auf die Umwelt? Die mehr als 20 Ausstellungen, Performances, Filme und Installationen sollen bewusst Teil des globalen Food Movements, das längst im Gange ist, sein, es nicht bloß dekorativ illustrieren. Am Freitag geht es los mit der Eröffnungsparty im Halleschen Haus . Und kommende Woche dann wird Lukas Julius Keijser eine Pop-Up Metzgerei auf dem Street Food Thursday aufmachen. Ganz und gar ohne Fleisch.